Die Heirat ist für eine Frau keine Absicherung mehr. Bis zur Pensionierung sind Unterhaltszahlungen bei einer Trennung oder Scheidung vorbei, das sagt das Bundesgericht. Was es jetzt braucht, ist endlich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

«Mama, was schmierst Du Dir da eigentlich ins Gesicht?» «Antifaltencrème.» Kurz durchatmen, Nur noch ¾ Stunden, dann machen sich die Kinder auf den Schulweg. Ich bleibe zuhause, allerdings im HomeOffice, in normalen Zeiten wäre auch ich auf dem Arbeitsweg.

Diesen habe ich jeweils schnell nach dem Ende meines Mutterschaftsurlaubes wieder unter die Füsse genommen. Unter anderem deswegen, weil mich ein Kind nur von ihm selbst, aber nicht von anderen abhängig macht. Seit Studienabschluss finanziere ich mein eigenes Leben, seit der Geburt meiner Kinder deren Leben zur Hälfte mit. Dass das Bundesgericht mit seinen neuesten Entscheiden Ehefrauen und Mütter in die finanzielle Pflicht nimmt, könnte mich als unverheiratete erwerbstätige Mutter also gleich doppelt kalt lassen.

Tut es aber nicht. Denn genauso, wie ich gegen das Burkaverbot war, bin ich dagegen, dass das Bundesgericht den Frauen vorschreibt, was sie zu tun und zu lassen haben. Und genau das hat das höchste Gericht getan. Jeweils fünf Männer haben die von einem (männlichen) Gerichtsschreibe vorbereiteten fünf Urteile zum Unterhaltsrecht gefällt. In vier von fünf Fällen haben sie den Unterhalt fordernden Frauen erklärt, sie könnten in der (Hilfs-)Pflege arbeiten. Eine Frau war tatsächlich FaGe, die anderen hatten mit der Pflege aber mutmasslich so viel am Hut wie die Herren Bundesrichter mit der Kinderbetreuung. Ich wäre gespannt auf die Reaktionen gewesen, wenn fünf Bundesrichterinnen einem Informatiker nach einem mehrjährigen, familienbedingten Erwerbsunterbruch erklärt hätten, er könne ja in die Hilfspflege einsteigen.

Trotz der irritierenden Urteilsbegründungen sehen ich und mein Portemonnaie es mit gemischten Gefühlen, wenn gut und teuer ausgebildete Frauen zuhause bleiben und den beruflichen Anschluss verpassen. Die Arbeitgeberin, bei der ich während der Familiengründung beschäftigt war, war stolz auf ihre Frauenförderung. In finanzieller Hinsicht jedenfalls solange, als dass diese Frauen nicht Mütter waren, denn der Arbeitgeberbeitrag an die Kita war mit der Lohnhöhe verknüpft. Für etwas besser verdienende Kaderfrauen fiel der Beitrag weg. Mit der simplen Konsequenz, dass, als sich nach der Geburt meines Sohnesdie Kitakosten verdoppelt haben, in unserer Familienkasse am Ende des Monats weniger war, als wenn ich beruflich brav an Ort und Stelle getreten wäre. Dafür stiegen die Steuern zuverlässig mit jedem Karriereschritt. Man kann es drehen und wenden wie man will, wir Doppelverdienerpaare bezahlen diese Erwerbsunterbrüche oder Erwerbsaufgaben mit. Familie ist aber etwas so Urpersönliches, dass ich dazu bereit bin, denn jede soll ihr Familienleben so gestalten können, wie es für sie und ihre Kinder stimmt.

Nicht bereit bin ich allerdings, dieses Modell nach dessen Scheitern weiter zu finanzieren. Nach einer Trennung soll sich auch derjenige Partner, der seine Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinder und auch zugunsten der Karriere des anderen Partners aufgegeben hat, möglichst selbst finanzieren. Abgesehen davon, dass dies unfair ist, da dieser Partner den jahrelangen Unterbruch in aller Regel nicht aufholen kann um wieder dasselbe Einkommensniveau wie während der Beziehung zu erreichen, ist dies unrealistisch. Eine Informatikerin wird in der Hilfspflege nur ausnahmsweise bestehen, ebenso wird eine Wirtschaftswissenschafterin in der Gastronomie in der Regel nicht ihre Erfüllung finden. Bei beiden besteht das Risiko, dass sie deswegen krank werden und / oder Sozialhilfe beziehen müssen. Denn wie ihre berufstätigen Partner hatten sie ihr Leben ursprünglich anders geplant, anders als ihre Partner spüren sie jedoch die finanzielle Konsequenz in aller Härte und ohne realistische Perspektive, etwas ändern zu können.

Wenn sich ein Paar für das Einverdienermodell entscheidet, weil es für sie so stimmt, ist das ok. Aber dann sollen beide Partner die Konsequenzen tragen, wenn die Beziehung scheitert. Diese Konsequenz lässt sich nicht in theoretisch einwandfreien Zweistufenmodellen rechnerisch definieren, wie es das das Bundesgericht akribisch getan hat. Denn die Realität ist komplexer und vielfältiger. Aber um das zu erkennen, bräuchte es vielleicht auch im Bundesgericht durchmischtere Teams. In der uniformen Besetzung jedenfalls hat das Bundesgericht nur vereinzelte gönnerhafte Ausflüge in die Realität unternommen und beispielsweise einer Ehefrau, die auf eine Erwerbstätigkeit zugunsten ihres Sohnes und der Repräsentationsbedürfnisse ihres schwerreichen und massiv älteren Mannes verzichtet hatte, in einer einfachen Milchbüechlirechnung erklärt, wie und dass sie ihren Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit in der Hilfspflege künftig alleine stemmen kann.

Aber vielleicht bin ich ja einfach nur neidisch, dass mir die Option der Repräsentativ-Frau gar nicht offen stand. Denn für eine Trophy-Wife fehlen mir die Eigenschaften, wie mir meine Tochter trocken erklärte: «Ich glaube, das steht nur auf der Packung so.»


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