Lilith steht kopfschüttelnd neben ihrem Papi: «Ich mach das. Du hast Fjonn wieder meine Kleider angezogen.» Zum Glück arbeitet Papi 100%, sonst wäre nicht nur Fjonn ständig falsch gekleidet, sondern Papi auch unglücklich. Das behauptet jedenfalls Martin Schröder, der im Juli brisantes Datenmaterial zur Zufriedenheit von Schweizer Teilzeitarbeitenden präsentiert hat: «Väter werden rapide unglücklicher, je stärker sie ihr Pensum reduzieren. Teilzeitarbeit macht Väter unglücklich

Der Appell, Männer Männer bleiben zu lassen, folgt auf Fuss: «Man sollte Männer nicht gegen ihren Willen aus der Erwerbsarbeit hinaus- und in die Familienarbeit hineindrängen, ausser man ist bereit, eine Verringerung ihrer Lebenszufriedenheit in Kauf zu nehmen.» Dabei kontert Schröder nicht etwa die Forderung nach einer zwingenden Teilzeitquote für Männer, sondern spricht sich auch gleich gegen einen obligatorischen Vaterschaftsurlaub aus. Nun, wenn ein paar Wochen zuhause mit dem Kind einen Vater unglücklich machen, hat der möglicherweise ein tiefer liegendes Problem.

Ein tiefer liegendes Problem habe ich mit der ganzen Studie. «[W]er wie ich mit den Daten des Sozio-oekonomischen Panels arbeitet, kann in der Tat verlässliche Aussagen dazu liefern, wie zufrieden die Menschen mit ihrem Leben sind», verkündet Herr Schröder. Wie verlässlich die Aussagen sind, zeigt ein Bericht des infosperber: Die Studie unterscheidet nicht, ob die Väter freiwillig oder nicht freiwillig Teilzeit arbeiten. Dass nun aber jemand, in dessen Betrieb Kurzarbeit gilt, nicht sonderlich glücklich ist, ist nicht weiter erstaunlich und dürfte eher weniger mit der so furchtbaren Familienarbeit zu tun haben. Die bereinigten Ergebnisse lassen denn auch den Schluss zu, dass, Überraschung, Teilzeit arbeitende Väter nicht unglücklicher sind als Vollzeit arbeitende Papis. So. Das hätten wir geklärt.

Nicht geklärt haben wir aber, warum es aktuell so beliebt zu sein scheint, das Rad in Sachen Vereinbarkeit bis zum Anschlag zurückzudrehen. Bisher hat sich noch jede ach so brisante Studie, welche «bewiesen» hat, dass sich Papi im Büro und Mama beim Windeln wechseln am wohlsten fühlt, beim genaueren Hinsehen als im besten Fall unterhaltend erwiesen. Ein bisschen Unterhaltung ist ja auch nichts Schlimmes. Schlimmer finde ich, dass diese Studien und die Berichterstattung zu einer Grundstimmung beitragen, die schon fast verschwörerische Züge annimmt: Frauen würden nur widerwillig und wegen des gesellschaftlichen Druckes auswärts arbeiten gehen, da sie eigentlich lieber zuhause bleiben würden. Eine nette Dame aus meinem Umfeld hat mich denn auch mal ganz im Vertrauen gefragt, wem ich durch meinen Job denn etwas beweisen möchte – aus tiefstem Herzen wüsste ich doch, dass ich eigentlich lieber zuhause bei den Kindern bleiben würde.

Call to action im Beitrag Studie Teilzeit macht Väter unglücklich

Ich glaube es ist diese Grundstimmung, die in Sachen Vereinbarkeit zu einer Politik der Blockade führt: Es wird gestöhnt über zu hohe Steuern – gleichzeitig bleiben hochqualifizierte Frauen zuhause und wir können uns die Millionen von Steuergeldern, die deren Ausbildung gekostet haben, ans Bein streichen. Diejenigen, für die jegliche Quote des Teufels ist, klagen über die «verweiblichte» Volksschule. Unsere Herren Bundesräte, für die bekanntlich ein Tag Vaterschaftsurlaub ausreicht, legen die schon faltige Stirn in noch mehr Falten, wenn sie wieder einmal den Fachkräftemangel feststellen. Und für wen Teilzeitarbeit die Männer ins Verderben führt, sind die erschöpften berufstätigen Mütter wahrscheinlich Beweis dafür, dass Frauen zu wenig belastbar sind für die Berufswelt.

Das alles erinnert mich an meine Kinder, die ihre Sachen nach Gebrauch wahlweise in eine Schublade stopfen oder unter das Bett pfeffern und sich dann immer wieder neu wundern, dass sie nichts mehr finden. Es gibt sicher irgendeine entwicklungspsychologische Erklärung für dieses Verhalten. Vielleicht ja auch für die Entscheide in Politik und Gesellschaft. Ich habe aber leider nicht Psychologie studiert und werde sie deswegen wohl nie verstehen. Lilith hat es auch aufgegeben, ihrem Papi den Unterschied zwischen ihren und Fjonn’s Kleidern erklären zu wollen: «Ich glaube, Männer haben einfach ein bisschen ein Durcheinander im Kopf.»


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