«Einen Moment – ich muss nur noch kurz Papi schreiben, dass er die Wäsche in die Maschine tun soll.» Und dann wollte ich mein Handy auch wieder in die Tasche stecken und ganz bei den Kids sein. Mit Sicherheit hätte sich sonst im Park wieder jemand in all seinen bequemen Vorurteilen bestätigt gefühlt: Diese jungen (naja, seien wir mal grosszügig) Mütter heutzutage. Hängen den ganzen Tag nur am Handy und tun nix. Und jetzt wollen die doch tatsächlich in ihrem Nixtun noch Gesellschaft. Denn sie wünschen einen Vaterschaftsurlaub

Wo immer ich im Folgenden einen * voransetze, habe ich das «Argument» aus dem «Argumentarium» des Referendumskomitees oder von den ins Rampenlicht geschubsten Exponentinnen oder aus den parlamentarischen Beratungen. Hier spricht die Realsatire für sich, und ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken. Also, los geht’s:

* Der Mutterschaftsurlaub dient ausschliesslich der körperlichen Erholung.

Die Mutter soll sich gefälligst selbstverantwortlich erholen, denn: *Es ist bedenklich, dass die Eigenverantwortung der Familie minimiert wird. Schliesslich haben es die *Urgrossmutter, die Grossmutter, die Mutter und die Ex-Frau auch ohne Staat geschafft. Stimmt schon, bereits in der Steinzeit hat es eine so dermassen grosse Zahl Frauen ohne Staat geschafft, dass die Menschheit heute noch existiert. Die Forderungen nach einem Vaterschaftsurlaub sind also neumodischer Luxus.

* Der Vaterschaftsurlaub ist staatlich verordnete Freizeit.

Zuhause bei den Kindern zu sein ist *Papiplausch. Sobald frau sich von den Strapazen der Geburt erholt hat, kann sie also auch pläuscheln. Jede Stay-at-home-Mum leistet sich den Luxus jahrelanger Freizeit. Das hat unser Land noch nicht in den Kollaps getrieben. Aber zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, finanziert mit 0.06 zusätzlichen Lohnprozenten, das wird unserer Wirtschaft das Genick brechen.

* Der Vaterschaftsurlaub zerstört die Konkurrenzfähigkeit der KMU.

Deswegen stehen ja alle skandinavischen Länder mit ihrer langen und etablierten Elternzeit am wirtschaftlichen Abgrund. Oder war das andersrum? Jedenfalls kostet beispielsweise ein Medizinstudium die Steuerzahlenden über den Daumen gepeilt eine halbe Million Franken. Viel Geld dafür, wenn die Ärztin nach der Geburt ihres Kindes so lange zuhause bleibt, bis sie den beruflichen Anschluss verpasst hat. Ich jedenfalls möchte mich nicht von einer Chirurgin operieren lassen, deren praktische Berufserfahrung sich in den vergangenen Jahren auf das Verarzten aufgeschürfter Knie beschränkt hat.

Nun eben, diese versandeten Millionen – wenn man alle unfreiwillig zuhause bleibenden gut ausgebildeten Mütter einrechnet, wohl eher Milliarden – sind für das Referendumskomitee kein Problem. Denn tatsächlich geht es gar nicht ums Geld, sondern schlicht darum, das eigene Weltbild durchzustieren. Und in diesem Weltbild ist ein aktiver Vater ein schnullerlutschendes Weichei. Auch da geht nicht die Fantasie mit mir durch, das ist tatsächlich das Sujet der Kampagne. Das Argumentarium schliesslich zerstreut letzte Zweifel, ob ich das Sujet vielleicht doch falsch verstanden haben könnte: 

* Der Vaterschaftsurlaub zwingt die Männer dazu, umsorgende Väter zu werden, die vermehrt Betreuungsaufgaben übernehmen.

Ich kapiere im Moment nichts mehr, ist denn nun der Vaterschaftsurlaub Wellness auf Kosten der steuerzahlenden Bevölkerung oder muss der Vater im Urlaub anpacken? Die zuständige parlamentarische Kommission beruhigt jedenfalls: «Beim Vaterschaftsurlaub handelt es sich um ein Recht und keine Pflicht.» Also keine Angst, meine lieben Herren des Referendumskomitees: Sollten Sie (noch einmal) Vater werden, dürfen Sie während und nach der Geburt jederzeit wieder an Ihren Arbeitsplatz flüchten. Und meine lieben Damen des Referendumskomitees: Sollten Sie noch Kinder kriegen wollen, haben Sie nach wie vor das Recht, Ihr Kind selber zu stillen und den Vater Ihres Kindes auch vom Wochenbett aus zu betreuen.

Wir durften übrigens von – wenn auch im europäischen Vergleich mickrigen – einer beziehungsweise zwei Wochen Vaterschaftsurlaub profitieren. Und ich beziehungsweise Lilith kann bestätigen: Dieser Urlaub zerstört nicht jede Marotte eines Mannes. Lilith wies mich an, das Handy noch nicht einzupacken: «Mama, das reicht nicht. Du musst noch schreiben, dass er die Waschmaschine auch anstellen muss.»


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.